Sunday, June 23, 2013

Protestvideo einer jungen Brasilianerin


Fußball-WM 2014: Protestvideo einer jungen Brasilianerin: "Darum bin ich bei der WM nicht dabei"

Hunderttausende Brasilianer demonstrieren gegen Korruption und teure Sportereignisse in ihrem Land. Weniger laut, aber nicht weniger eindrücklich macht auch eine junge Frau namens Carla ihrem Ärger über die Geldverschwendung Luft - mit einem intelligenten YouTube-Video.
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Hamburg - Wer noch nicht verstanden hat, warum in den vergangenen Tagen Hunderttausende Menschen auf Brasiliens Straßen gegen Korruption und die WM 2014 demonstrierten, sollte sich sechs Minuten Zeit nehmen und sich die Problematik von einer blonden, jungen Frau erklären lassen.

Seelenruhig erzählt die Brasilianerin Carla Dauden ihrem Zuschauer, warum sie keine Lust auf die Weltmeisterschaft in ihrem Land hat - und auch nicht dabei sein wird. Sie findet dafür einfache Worte und bindet zur Untermalung Videosequenzen ein, die mal wütende Landsleute, mal eine beschwichtigende Präsidentin und mal bewaffnete Polizisten zeigen. Sie arrangiert alles so eindrücklich, dass seit dem 17. Juni fast 2,8 Millionen Menschen ihren YouTube-Film angeklickt haben. (Hier geht es zum Video von Carla Dauden.)Während in Brasilien an den Stadien für die Weltmeisterschaft 2014 geschraubt wird, wächst in der Bevölkerung die Abneigung gegen das sportliche Großereignis. Dauden, die in den USA lebt und dort als Regisseurin arbeitet, fasst die Gründe wie folgt zusammen.
Von der Regierung alleingelassen
Die WM 2014 werde rund 30 Milliarden Dollar kosten - mehr als die vergangenen drei Weltmeisterschaften zusammen. "Muss das sein?", fragt sie. In einem Land, in dem der Analphabetismus im Schnitt zehn Prozent beträgt? Das im Human Development Index Rang 85 einnimmt? In dem 13 Millionen Menschen nicht genug zu essen haben und viele Leute mangels medizinischer Versorgung sterben? "Braucht so ein Land mehr Stadien?"
Es folgen TV-Bilder von einer Ärztin, die außer sich ist vor Wut. Sie fühle sich von der Regierung alleingelassen, sagt sie, sie könne nicht genug für ihre Patienten tun. Aber wohin, fragt Dauden, gehen all die Steuern, die die Menschen zahlen? Warum landen sie denn nicht bei denen, die Hilfe benötigen?
Ein gängiges Argument der Politiker: Mit der WM werde alles besser - das sportliche Großereignis sei der nötige Anreiz, um aus Brasilien ein besseres Land zu machen. Dauden: "Wie bitte? Welches Land braucht einen Anreiz, damit es sich um sein Volk kümmert?"
"Wir brauchen keine Stadien, wir brauchen Bildung"
In ihrem Video sinniert sie über sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen wie die Menschen in den Favelas. Die Politiker würden doch bloß den "Dreck unter den Teppich kehren", wenn sie Drogenbanden zeitweise aus den Armenviertel vertreiben, sagt Dauden. Wie lange können die sogenannten Befriedungstruppen die Favelas von dem Bösen befreien? "Es ist eine temporäre Lösung für ein tief liegendes Problem."


Dauden spricht auch über diejenigen, die aus ihren Wohnungen vertrieben wurden. Häuser seien zerstört worden, um Platz zu schaffen für Olympiastätten. BrasiliensUreinwohner seien mit Pfefferspray aus einem Kulturzentrum verjagt worden. An dem Ort entstehe nun das Museum des Olympischen Komitees."Versteht mich nicht falsch", sagt Dauden. "Die Weltmeisterschaft und die Olympischen Spiele sind großartige Veranstaltungen. Aber sie sind nicht das, was unser Land braucht." Ihr Fazit: "Wir brauchen keine Stadien, wir brauchen auch nicht noch mehr Party. Wir brauchen Bildung, Jobs und einen nachhaltigen Lebensstil."
Ab Minute 4:30 blendet die junge Brasilianerin eine Rede von Präsidentin Dilma Rousseff ein. Es geht um den Wohlstand der Mittelschicht, die verbesserte Infrastruktur, Sicherheit. "Das neue Brasilien wird 2014 die Welt verzaubern", sagt sie. Im Hintergrund dudelt die brasilianische Nationalhymne, Rousseff wird unterbrochen von den O-Tönen aus eingeblendeten Videosequenzen: von Schreien bei Straßenschlachten - und von Schüssen.
jus

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